Route: Nordwestschottland

Highlands and Islands

Heimatliche Gaumenfreuden. Das Geräucherte, der Leberkäse, die Käsekrainer und die Brezn aus der Heimat sind nicht nur Raritäten hier am Dunnet Head, dem nördlichsten Festlandpunkt Schottlands, sondern eine Delikatesse für unsere Gaumen. Die ersten Versorgungspakete aus der Heimat haben uns nach achtwöchiger Abstinenz dieser
„wichtigen bayerischen Lebensmittel“ erreicht. Von Dunnet Head aus haben wir eine wunderschöne Aussicht hinüber zu den Orkney Inseln, die die untergehende Sonne gerade in ein gelbgoldenes Licht tauchen.

...Dunnet Head, mit Blick zu den Orkney Inseln

...Dunnet Head, mit Blick zu den Orkney Inseln

Wir fahren weiter bis nach Thurso, wo wir uns nochmals mit Lebensmitteln und Kraftstoff für ca. eine Woche eindecken. Wir haben die Nordwest- Highlands vor uns. Der nächste größere Ort von hier aus mit Supermarkt ist Ullapool und liegt ca. 160 Meilen (257 km) entfernt im Westen. Dazwischen eine überwiegend menschenleere Gegend mit wenigen Orten. Die Ansiedlungen bestehen selten mehr als aus einem Dutzend Häusern. Nach der „Säuberung“ Anfang des 19. Jahrhunderts wurde die Gegend nur wieder wenig besiedelt. Es ereignete sich zum Beispiel im Winter 1819 um die Gegend des Ben Hope folgende Tragödie: Die Grundbesitzer hatten beschlossen, über hundert junge Pächterfamilien zu vertreiben. Sie wurden gegen ihren Willen auf ein Schiff nach Ontario/ Kanada gebracht. Gleich nach der Abfahrt geriet das Schiff in einen Wintersturm. Angeblich sind alle Personen ums Leben gekommen. Die Gutsbesitzer ließen gleich daraufhin die meisten Häuser der zwangsevakuierten Kleinbauern zerstören, um die Steine zum Straßenbau zu verwenden. Auch heute noch hat sich kaum mehr jemand in der Gegend angesiedelt. Die Reise durch die Nordwesthighlands ist auch eine Reise in unsere eigene Vergangenheit. Wir nehmen die gleiche Strecke, die wir bereits vor zehn Jahren fuhren, als wir das aller erste Mal in Schottland waren. An viele Plätze können wir uns noch ganz genau erinnern und fast auf den Meter genau sagen, wo unser Zelt damals stand.

...Boxenstop in den Highlands... Bremsbelagwechsel

...Boxenstop in den Highlands... Bremsbelagwechsel

Hier im Nordwesten Schottlands findet man noch eines der wenigen Naturparadiese Europas. Die Straßen führen an entlegenen Lochs (Lochs sagen die Schotten zu jedem See oder Seearm) vorbei und durch einsame Bergwelt. Die Schotten sind übrigens sehr naturliebende Menschen und haben teilweise ausgefallene Hobbies, zumindest für uns Festlandeuropäer. Da gibt es z.B. das „Munro-bagging“ oder das „Rain-watching“.
Munro-bagging (Munro knacken): „Munro“ lautet das Zauberwort, welches die schottischen Herzen höher schlagen lässt, benannt nach dem Schotten, Sir Hugh T. Munro, der 1896 alle Berge in Schottland die höher als 3000 Fuß (914 Meter) sind, aufgelistet und beschrieben hat. Hiervon gibt es 277 Munro-Berge. Im Jahre 1890 glaubte man noch, dass es höchstens dreißig solcher Berge in Schottland gibt. Heute gilt das „Munro-bagging“ wie diese Sucht offiziell heißt, als selbstverständlicher Bestandteil eines schottischen Bergsteigerlebens. Kinder, Rentner, selbst ganze Familien mit Hunden haben inzwischen die gesamte Runde gedreht. Dann gibt es noch neben den hunderttausenden Bird-Watchern (Vogelbeobachter) die Spezies der Rain-Watchers (Regenbeobachter), die nur darauf warten, dass sobald als möglich wieder ein Tief aufzieht. Dann geht es raus und es wird genauestens festgelegt, wann und wo welche Art von Regen beobachtet oder entdeckt wird. Ja, es gibt zum Beispiel Regenarten, die wurden in den letzten 40 Jahren nur zwei- oder dreimal gesichtet. Mittlerweile gibt es schon ganze Clubs von Rain-watchern.
Uns ist es lieber, wenn wir draußen keinen von diesen „Regenbewunderern“ sehen, denn dann wissen wir, wir haben gutes Wetter. Uns zieht es eher in den Bann des Bergwanderns. In der Nähe des Dorfes Achiltibuie, übrigens ist dort die größte Dudelsackschule Schottlands, begegnen wir einem alten Bekannten, namens Stac Pollaidh. Es ist ein Berg mit einem außergewöhnlich zackigem Gipfelkamm, welchen wir bereits vor zehn Jahren schon einmal bestiegen haben. Vom Gipfel aus hat man eine märchenhafte Aussicht auf die uralten Berge Caledoniens.

...Michaela auf dem Gipfel des Stac Pollaidh, im Hintergrund der Cul Mor

...Michaela auf dem Gipfel des Stac Pollaidh, im Hintergrund der Cul Mor

Nach einer Woche in den Highlands, erreichen wir Ullapool und das erste was wir tun – wir suchen uns einen Campingplatz mit heißer Dusche. Wir fahren weiter zu den abgelegenen Inseln der Inneren Hebriden. Schottland ist umgeben von 790 Inseln von welchen lediglich 130 bewohnt sind. Um auf die Inseln im Westen zu kommen, muß man eine der Fähren der Firma Caledonien Mac Brayne benützen. Die meisten Inseln kann man das ganze Jahr anfahren, lediglich die kleineren und am weitest entferntesten sind nur in den Sommermonaten zu erreichen. Auf all den Inseln und der gesamten Westküste von Schottland sprechen die meisten Menschen Gällisch. Genau wie das Gällisch in Wales ist auch hier das Gällisch Teil der sehr alten Gällischen Sprache.
Schottland fasziniert uns immer noch – lediglich mit der Mülltrennung welche hier praktiziert wird, sind wir nicht einverstanden. Im Straßengraben kann man hier alles finden, angefangen von alten Autos bis hin zu Kühl- und Gefrierschränken und das auch an Plätzen welche als Aussichtspunkt bezeichnet werden. Schöne Aussichten!!
Unsere nächste Geschichte findet auf der Isle of Mull statt:
Schafe, Lämmer, Schafe, Lämmer. Es ist irrsinnig, wie viele weiße Flecken man hier überall sieht, auf den Hügeln, den Feldern und auch auf den Straßen. Die meisten Schafe leben hier wie im Paradies. Die Lämmer sind immer zusammen mit den Müttern auf den Feldern, welche nicht durch Stacheldrahtzäune begrenzt sind. Die einzige Begrenzung ihres Daseins sind die „Cattle grid“, in den Boden eingelassene Metallstreben. Die Territorien von einem Cattle grid zum nächsten sind sehr oft so lang wie das gesamte Tal (glen) im Durchschnitt etwa 5 km.
Eine sehr lustige Begegnung mit Schafen haben wir auf der Isle of Mull. Wir finden einen phantastischen Übernachtungsplatz am Loch na Keal, direkt am Meer. Das Wetter ist warm und sonnig. Wir sind die einzigen hier, außer uns nur Schafe. Das ist genau das richtige Wetter und die richtige Umgebung um einen Frühjahrsputz am Bus durchzuführen. Als wir gerade am Putzen sind, hören wir schon von weitem einen Transporter, welcher konstant die Hupe betätigt. Wir wundern uns warum er dies tut. Auf einmal kommen sämtliche Schafe aus allen Richtungen von weit her und rennen was das Zeug hält in Richtung des Transporters. Määääh! Määääh! Der Transporter hält und ein Bauer entsteigt dem Transporter mit einem blauen Plastiksack. In diesem Plastiksack – Ihr habt richtig geraten – ist zusätzliches Futter für die Schafe auf dass sie wohl äußerst scharf sind. Dies ist nun die Vorgeschichte der eigentlichen Geschichte.
Am nächsten Tag – wir sitzen in unserem Bus beim Frühstücken – entscheiden wir uns noch hier zu bleiben, da es ein wirklich fantastischer Platz ist. In diesem Moment bemerken wir, dass sämtliche Schafe in unserer Sichtweite sich Richtung Straße bewegen. Ah, das muß der Bauer mit dem Zusatzfutter sein, denken wir. Nur komisch, bis jetzt hatten wir die Hupe noch nicht gehört. Naja, wahrscheinlich haben Schafe einfach den besseren Instinkt, sie spüren es wohl schon, dass der Bauer gleich kommt. Ahja jetzt kommt der weiße Transporter – oh nein, es ist ein weißer Camper. Alle Schafe fangen nun an zu laufen – ihr Ziel der weiße Camper. Überall hört man nun „Määäh, määäh“ die Schafe sind aufgeregt und schon voller Vorfreude auf ihr Futter. Ein Blick in das Gesicht des Fahrers zeigt uns, dass dieser die Situation noch nicht so recht einschätzen kann. Heißt es nicht, Schafe sind friedfertig und eher scheu. Aber das da sieht nun wirklich nicht danach aus. Er fängt also an zu hupen. Oh je das hätte er dann doch besser nicht getan. Die Schafe haben innerhalb ein paar Minuten den Camper komplett eingeschlossen und der Fahrer des Campers ist kurz davor in Panik auszubrechen. Er entschließt sich, den Camper abzustellen und zu warten. Irgendwie hat das Leitschaf wohl gemerkt, dass hier ein Fehler vorliegen muß und der Camper doch nicht der Bauer mit dem guten Futter ist. Ein kurzes lautes Blöken und alle Schafe drehen sich um und lassen den Camper weiterfahren. Raimund und ich schauen uns an und können uns kaum noch halten vor Lachen. Tja das war wohl ein bisschen zu früh.
Ich verlasse den Bus um mir meine Zähne zu putzen. Gerade als ich draußen stehe, merke ich es ist doch noch etwas frisch und schnappe mir meinen blauen Anorak. Ihr erratet wohl was nun passiert. Die Farbe blau, hört sich ein bisschen wie Plastik an?! – Ah da ist unser Bauer, er stand die ganze Zeit hier ohne dass wir ihn bemerkt haben. Ein kurzes und lautes „Määäh“ und die gesamte Ho(e)rde kommt auf mich mit rasantem Tempo zugelaufen. Im ersten Moment denke ich: Was habe ich denn falsch gemacht, Schafe sind doch so friedlich und auf einmal kapier ich und fange an lauthals zu lachen. Das hält aber die Schafe nicht ab, weiter in meine Richtung zu laufen. Nun bin ich von ca. 50 laut blökenden Schafen umrundet. Was soll ich nur tun, also irgendwie muß ich ihnen zu verstehen geben, dass ich nicht ihr geliebter Bauer mit dem Futter bin. Ich fange also an ihnen dies zu sagen bis auf einmal Raimund aus dem Bus brüllt: „Die können Dich doch gar nicht verstehen, Du sprichst zu ihnen in Deutsch. Das sind englisch sprechende Schafe“ Also erzähle ich das Ganze noch einmal auf Englisch. Auf einmal legt das Leitschaf seinen Kopf zur Seite als ob es überlegen würde:“ Also entweder der Bauer treibt heute ein Spielchen mit uns oder das ist gar nicht unser Bauer.“ Danach das schon bekannte kurze „Määh“, es dreht sich um und all die anderen Schafe auch und sie gehen davon. Ich stehe immer noch vor dem Bus wie angenagelt mit meiner Zahnbürste in der Hand, während Raimund sich drinnen im Bus den Bauch hält vor Lachen. Keine Ahnung ob das Schaf mich wirklich erst verstanden hat, als ich Englisch sprach aber mich würde wirklich interessieren was für eine Art Futter der Bauer seinen Schafen gibt, die sind ja direkt süchtig danach.

...Abendstimmung am Loch Na Keal auf der Isle of Mull

...Abendstimmung am Loch Na Keal auf der Isle of Mull

Wir sind bereits auf der Isle of Skye, der größten Insel der Inneren Hebriden. Das erste was uns einfällt, eine CD von Runrig einlegen. Skye ist der Ursprung der schottischen Rockgruppe Runrig. Die Musiker verstehen es exzellent, traditionelle Folksmusik mit gutem Rock zu mischen. Sie schreiben ihre Musik und Texte selbst und ein Großteil der Songs wird in gälischer Sprache interpretiert. Ihre Fangemeinschaft reicht weit über Schottlands Grenzen hinaus und die Konzerte sind oft schon Monate zuvor ausgebucht. Letztes Jahr sind wir extra zu einem Runrig Konzert in der Nähe Aberdeen´s (Ostküste Schottlands) gekommen. Nun wo wir nicht mehr in Regensburg wohnen, kam Runrig dieses Jahr im April nach Regensburg.
Nun weiter zur Insel Skye. Sie ist ein hervorragendes Revier für Bergwanderer und Bergsteiger. Das Trotternish-Massiv im Nordosten der Insel lädt von mehrstündigen bis zweitägigen Wandertouren ein.

...Quiraing, Wandern im Trotternish-Massiv

...Quiraing, Wandern im Trotternish-Massiv

Die raue Schönheit der Natur ist kaum mit Worten zu beschreiben. Auch die Berge im Süden der Insel „The Cuillins“ stehen an Schönheit dem Massiv im Nordosten in nichts nach. Wir haben bereits die zweite Maiwoche und bisher mit dem Wetter viel Glück gehabt, denn Skye ist nicht gerade für sonniges u. warmes Wetter berühmt. Tagsüber hatten wir eigentlich schon
angenehme Temperaturen. Nur in der letzten Nacht auf war es recht kalt. Unsere Standheizung musste noch mal herhalten. Am Morgen trauten wir unseren Augen nicht. Die Berggipfel hatten alle eine weiße Haube bekommen. Es hatte über Nacht nochmals geschneit.Die Luft war so klar, dass man sogar die schneebedeckten Gipfel der Applecrosshalbinsel auf den Festland sehen konnten.

...Quiraing-Massiv auf Skye

...Quiraing-Massiv auf Skye

Nun dies wars wieder mal. Wir müssen los denn es wurden weitere Versorgungspackete angekündigt die auf dem Postamt in Onich auf uns warten.

Bis demnächst !!!

Michaela und Raimund

Ein Tibetisches Kloster mitten in Schottland

Eskdalemuir, klingt nach einem Ort aus einer alten keltischen Sage. Hier in der Abgeschiedenheit nahe dem Dorf Eskdalemuir, in einem kargen Tal, liegt das Tibetisch-Buddhistische Kloster Kagyu Samye Ling (siehe unter Links). 1967 wurde dieses Kloster von Dr. Akong Tulko Rinpoche unter der Fuehrung von Lama Yeshe Losal Rinpoche, gegründet. Heute ist es nicht nur ein Kloster, es ist ein Ort in dem auch weltliche Personen am buddhistischen Klosterleben für eine Weile teilnehmen können, ähnlich einem römisch-katholischen Kloster welches, Meditationstage anbietet.

Kagyu Samye Ling Kloster in Eskdalemuir

Kagyu Samye Ling Kloster in Eskdalemuir

Zwei Mönche huschen in ihren purpurroten Kutten ?ber den Hof zum Tempel. Der Regen prasselt auf das Dach und der Wind singt ständig andere Melodien. Die gleiche Szenerie könnte sich irgendwo im tibetischen Hochland abspielen. Es begegnen einem Männer und Frauen jeglichen Alters. Einige von ihnen sind kahl geschoren (wie wir später erfahren, sind dies die Nonnen und Mönche des Klosters), manche davon mit tibetischen Zügen. Die meisten der Besucher bleiben ein bis zwei Wochen zum Meditieren.

Eskdalemuir Budistischer Tempel

Eskdalemuir Budistischer Tempel

Wir stellen uns bei George, einem jungen Mann so um die Mitte dreißig, vor. Er ist der Administrator und hält die Fäden in dieser „religiösen Kommune“ zusammen. Wir machen einen Deal mit George. Wir arbeiten, er gibt uns freie Verpflegung und Unterkunft, wobei wir natürlich lieber in unserem eigenem „Rolling Home“ übernachten. Für den darauffolgenden Tag bestellt uns George um 9:00 Uhr in sein Büro. Er zeigt uns unsere Aufgaben für die nächsten Tage. Tägliche Reinigung des Speisesaals nach dem Frühstück, inklusive Bodenwischen und Fensterputzen. Am Nachmittag steht dann noch ein zusätzlicher Raum zum Reinigen an. Meist sind wir gegen 14:00 Uhr mit unseren Arbeiten fertig und haben noch genügend Zeit für uns selbst. Wir können aber auch jederzeit die Arbeit unterbrechen und an den angekündigten Meditationen im Tempel teilnehmen.

...Raimunds erster Arbeitseinsatz

...Raimunds erster Arbeitseinsatz

Sollten uns die Schreie der beiden Pfaue des Klosters nicht schon vor Sonnenaufgang geweckt haben, werden wir spätestens durch die dumpfen Gongschläge eines Mönches geweckt, die er unweit unseres VW-Buses ausführt und welche die allmorgendliche Meditation (Gebet) ankündigt. Eine „Messe“ im Buddhismus läuft folgendermaßen ab: Die Schuhe werden beim Betreten des Tempels ausgezogen. Der Tempel selbst ist beheizt und wirklich warm, anders als bei uns in den Kirchen. Am Fußboden befinden sich Sitzkissen auf denen jeder nach seiner eigenen Variante Platz nimmt, die meisten jedoch im einfachen Yogasitz. Vor den Sitzkissen stehen kleine Bodentische auf denen man „Gebetsbücher“ legen könnte. Beim Betreten des Lamas (buddhistischer Priester) drehen sich die Gläubigen in seine Richtung und folgen ihm mit gebeugtem Haupt und einem Wa (der buddhistische Gruß, indem man die Hände faltet und diese zum Gesicht führt. Umso höher im Gesicht das Wa ausgeführt wird, umso mehr zeugt es von Respekt dem anderen gegenüber) seinen Weg zum „Altar“. Der Altar im Buddhismus ist nicht ein eigentlicher Altar. Vielmehr ist es ein erhöhter Sitz in dem der Lama Platz nimmt mit dem Gesicht zu seiner „Gemeinde“. Der Lama fällt zusammen mit den Gläubigen in eine Art Singsang ein. Für unsere Ohren hört es sich an, als ob eine kurze Aneinanderreihung verschiedener Laute immer wiederholt würde um den Gläubigen auf die Meditation – die eigentliche „Messe“ – vorzubereiten. Nach ca. 5 Minuten ertönt ein Schlag auf dem Gong vom Lama selbst ausgeführt und die „Gemeinde“ verfällt in eine einstündige Meditation. Im Buddhismus ist man der Ansicht, dass nur durch das Schweigen, das Nachdenken an sich wahre Erleuchtung und Frieden gefunden werden kann. Nach dem Prinzip „Reden ist Silber, Schweigen ist Gold“. Irgendwie ist da was Wahres dran. Nach dieser Stunde lässt der Lama dann wieder seinen Gong erklingen und die „Gemeinde“ endet mit einem „Schlussgesang/gebet“. Der Lama erhebt sich und die Gläubigen folgen ihm wieder in gebeugter Haltung mit dem Wa in Richtung Ausgang. Auch die Gläubigen erheben sich und jeder geht wieder seiner Arbeit nach.
Frühstück gibt es bereits um 6:00 Uhr. Vor Betreten des Speisesaales muss jeder seine Schuhe ausziehen. Wir haben nichts dagegen, denn schließlich sind wir es, die später den Boden reinigen müssen. Die Küche kocht vegetarisch/vegan und uns ist aufgefallen, dass keiner während der drei Essenszeiten Flüssigkeit zu sich nimmt. Selbst beim Frühstück gibt es keinen Tee oder Kaffee. Dafür rennen alle den ganzen Tag mit Teetassen umher. Diesen gibt es gratis im Haupthaus soviel man trinken kann.
In Eskdalemuir werden fast alle Arbeiten selbst ausgeführt. Dem Kloster sind eine Gärtnerei, eine Schreinerei und eine Steinmetzwerkstatt angegliedert. Auch eine kleine Farm ist unweit des Klosters Unser VW-Bus in dem wir „wohnen“ steht nur ein paar Schritte neben Gyamtso`s Werkstaat . Gyamtso ist Mönch und hat in seinen jungen Jahren in Tibet die Kunst des Steinmetzhandwerks erlernt. In seiner Werkstaat zeigt er uns welche Techniken er anwendet und an welchen Objekten er gerade arbeitet.

GYAMTSO, tibetischer Moench mit Michaela

GYAMTSO, tibetischer Moench mit Michaela

Diese Ungezwungenheit und der nette Umgang der Menschen miteinander begeistern uns. Nun, welche Götter auch immer für das Wetter zuständig sind, sie erhören uns einfach nicht. Nach tagelangen Regenschauern, Temperatursturz und Ausfall unserer Standheizung in der letzten Nacht, beschließen wir in Richtung Küste aufzubrechen wo wir uns ein etwas besseres Wetter erhoffen.

Bis auf bald
Raimund und Michaela

Route: Cornwall Wales – „Von einer Prinzessin, Lämmer und Teewasser“

Camilla Parker Bowles möchte gerne als zukünftige Gemahlin von Prinz Charles den Titel „Princess of Wales“ tragen, obwohl kein einziges Mitglied des Königshauses Grundbesitz in Wales hat. Die Waliser sind entsetzt.
Dies sind die Schlagzeilen des heutigen Tages. Wir überqueren gerade die Severn Road Bridge, die den Autobahnverkehr in respektabler Höhe über das Meer, zwischen England und Wales führt. Willkommen in Wales!

Die Festung von Caernarfon

Die Festung von Caernarfon

Wales mit seinen knapp 3 Millionen Einwohnern ist ein uraltes Volk und sie verstanden es in wunderbarer Weise im wechselvollen Verlauf der Geschichte ihre Identität zu bewahren. Vor allem im Norden und Westen sprechen neben dem Englischen ca. 75 % der Einwohner noch heute die alte keltische Sprache cymreag. Für uns sind die meisten Wörter reinste Zungenbrecher. Alle Hinweisschilder im öffentlichen Leben sowie die Verkehrsschilder sind zweisprachig ausgeschildert.

Cymraeg, eine alte keltische Sprache

Cymraeg, eine alte keltische Sprache

Nach einigen Tagen wild Campen ist wieder mal Duschen angesagt. Wir fahren auf einen Campingplatz, der zu einem Bauernhof gehört. In der Zeit in welcher ich den Standplatz einrichte, verschwindet Michaela in einer Scheune. Nach einer Weile kommt sie mit grinsendem Gesicht, die Mundwinkel bis zu den „Ohrwascheln“ angeschlagen zurück und berichtet mir, wie sie soeben bei der Geburt eines Lammes dabei sein durfte.

... ueberall Laemmer, Laemmer, Laemmer

... ueberall Laemmer, Laemmer, Laemmer

Zum Abendbrot bleibt die Küche heute kalt aus gutem Grund. Es gibt in Olivenöl eingelegten Bärlauch, den wir bereits vor einer Woche in Cornwall gesammelt haben. Pur aufs Brot – ein Genuß!
Die nächsten Tage nehmen wir uns vor, alle drei Nationalparks zu besuchen. Wir reisen von Ost nach West und von Süd nach Nord. Unsere Nachtquartiere sind meistens in Strandnähe oder abseits in den entlegensten Winkeln der Berge. Am Sonntag morgen dann passierte es. „Das Teewasser wollte nicht in die Thermoskanne“. Zum Frühstück gibt es wie immer Britain-like Tee. Als das Wasser kocht will Michaela dieses in die Thermoskanne auf die Tea-bags gießen. Doch irgendwie geht einiges daneben und sie bricht den Vorgang ab. Nun versuche ich mein Glück. In dem Moment als ich den Topf bereits angehoben habe und das Wasser eingießen will, gleitet mir die Griffzange des Topfes aus der Hand und das siedendheiße Wasser ergießt sich über Michaelas rechten Knöchel und die Zehen des linken Fußes. Sie gerät in Panik und schreit vor Schmerz. Reflexartig öffne ich den 10 Liter Wasserkanister, der zufällig neben mir steht und schütte den gesamten Inhalt über Michaelas Füße. Was als nächstes? Wir behandeln die betroffenen Stellen mit Rescuesalbe (Bachblüten) und Michaela gibt sich selbst Reiki. Aber die Schmerzen kommen schubartig immer wieder und so suchen wir eine Apotheke auf, welche uns ein Erste Hilfe Spray bei Verbrennungen verkauft. Doch trotzdem wollen die Schmerzen einfach nicht nachlassen und ich fülle einen Eimer mit kaltem Wasser, in dem Michaelas Füße abkühlen können. Sobald die Füße im Wasser stehen, lässt der Schmerz augenblicklich nach. Urplötzlicher Gedankeneinfall von Michaela „die Leute behandelten früher Verbrennungen mit Quark“. Also auf zum Quark kaufen. Da am Sonntag in Großbritannien die großen Supermarktketten geöffnet haben, ist dies kein Problem. Es gibt keinen Quark bzw. die Briten kennen keinen Quark. So kaufen wir Joghurt und Frischkäse. Anschließend verpacken wir Michaelas Füße in Geschirrtücher welche mit feinem Naturjoghurt gefüllt sind. Eine Linderung mit dem Heilmittel „Joghurt“ tritt sofort ein; auch Brandblasen die sich mittlerweile gebildet haben, gehen erstaunlich schnell zurück. Gegen Spätnachmittag folgt noch einmal dieselbe Prozedur, diesmal jedoch mit einer halben Packung Frischkäse. Die andere halbe Packung gibt es zum Abendbrot. Yammi! Als dann die Sonne noch rauskommt und wir sogar im Freien vor dem Bus sitzen und den Sonnenuntergang über dem Meer beobachten können, ist die Welt wieder in Ordnung.

...in den Bergen von Wales

...in den Bergen von Wales

Dank unserer beider sorgfältigen Pflege ließen Michaelas Schmerzen bald nach und die verbrühte Haut heilte erstaunlich schnell. So konnten wir nach vier Tagen schon wieder kleine Wanderungen durch die wunderbare Bergwelt von Wales unternehmen.
Im nächsten Tagebucheintrag erzählen wir Euch von Tibet in Schottland.

Route: Pfreimd, Bayern – Luxembourg – Belgien – Frankreich – Großbritannien, Dover – Cornwall

Wie wir Euch schon mitgeteilt haben, fuhren wir am 18. März 2005 los.
Den ganzen Tag über verbrachten wir damit die restlichen Kisten zu verstauen und die restlichen Dinge in den schon lange abfahrtbereiten Bus zu laden.
21.00 Uhr: Wir haben es geschafft. Ein letztes Mal rollen wir aus dem Hof in Pfreimd. Dieses Mal ist es anders. Ein letzter Blick zurück, dann nach vorne. Wir schauen uns beide an. Wir lachen, wir weinen, Raimund dreht die Musik auf (unser Lied von Haindling „Umlaufbahn“), ich drehe das Fenster runter und schreie. Ein unbeschreibliches Gefühl empfinden wir. Ein Gefühl der wirklich grenzenlosen Freiheit. Was werden wir erleben, wie wird es uns gehen, wird es so sein wie wir es uns vorgestellt haben, wird das Leben anders werden? Tausend Fragen tausend Gefühle gehen durch meinen Kopf. Ich frage Raimund: „Wie geht es Dir, was fühlst Du?“ „Im Moment fühle ich mich leer“. Irgendwo hat Raimund recht. Leere und trotzdem Zufriedenheit. All die Monate der Vorbereitungen, all die kleinen und größeren Probleme. Vergangenheit !
Zur Abfahrt bereit!!!
Wir fahren los Richtung – Nordwesten! Über Frankfurt – Trier – Luxembourg – Belgien (ein kurzer Abstecher nach Brugge – ich weiß ich kenne es schon fast in- und auswendig von meinen Touren, aber ich möchte es gerne Raimund zeigen) – Frankreich, Calais. Hier der erste unfreiwillige Stop. Es ist 11.00 Uhr. Auf dem Industrie- und Hafengebiet in Frankreich wird gestreikt – Auskunft: Wahrscheinlich nur heute. Also ausharren. Dann sehen wir ein Auto welches nicht wieder Richtung Ausfahrt fährt. Und noch eines und wieder eines. Wir also wieder zum Infoschalter. Zwischenzeitlich schon 18.00 Uhr. Ja in 30 Minuten geht eine Fähre nach Dover. Wir also wieder zurück zum Verkaufsschalter. 18.10 Uhr. Vor uns noch zwei Personen am Schalter. 18.15 Uhr. Geschafft, wir haben die Karten. Rein in den Bus, rüber zum Einchecken. Es scheint als ob die Strecke bis zum Check in endlos ist. Dann Passkontrolle Frankreich. Zweite Passkontrolle der Briten. 18.20 Uhr. Ein britischer Zöllner winkt uns raus. „Bitte machen sie mal den Bus hinten auf.“ Auch das noch! Er sieht mit der Taschenlampe hierhin und dorthin. Dann ein freundliches „Have a good trip“ 18.25 Uhr. Endlich, wir sind der letzte PKW der auf das Schiff fährt. Das Hafengelände rund um das Schiff ist hermetisch mit einer 100schaft von Polizisten abgesperrt. Was ist denn hier los? Endlich wir sind auf dem Schiff, mittlerweile schon 18.35 Uhr. Gespenstisch, das Schiff ist fast Menschen-/ Autoleer. Wir erfahren, dass dies heute das erste und einzige Schiff ist, welches den Hafen von Calais „beladen“ verlässt. Da hatten wir ja Glück! Die Anwesenheit der Hundertschaft von Polizisten ist wegen der Sicherheit der Streikbrecher geordert worden. Eineinhalb Stunden später sind wir in Dover. Inzwischen schon dunkel, legen wir uns direkt am Strand auf einen Parkplatz in unserem Bus schlafen. Am nächsten Tag fahren wir über die Küstenstraße Richtung Cornwall.

Unterwegs nach Cornwall

Unterwegs nach Cornwall

Die Ostertage führen uns kreuz und quer durch die wunderschöne Landschaft in Cornwall. Märzenbecher, Rhododendron und Camellienbüsche in voller Blüte, Primeln sowie der erste Ginster. Das Wetter ist sonnig bis gut durchgemischtes englisches Wetter. Regen nur gelegentlich. Wir genießen unser neues Leben in vollen Zügen. Gehen spazieren wenn uns danach ist, lesen, schreiben oder tun einfach gar nichts und blicken aufs Meer. Versuchen zur Ruhe zu kommen und das alte Leben hinter uns zu lassen.

...zeitlos

...zeitlos

Überdies freunden wir uns mit unserem neuen Leben an, besser gesagt mit den Dingen welches unser neues Leben mit sich bringt. Zum Beispiel Kochen: Im Bus zu kochen muss wohl durchdacht sein, jeder Schritt wohl überlegt. Sämtliche Kochutensilien müssen mehr oder weniger zuerst um einen herumverteilt werden, zum einen aus Platzmangel zum anderen weil alles so exakt in die jeweiligen Schubläden und Kästen eingeschlichtet ist, dass wenn man einen Topf braucht, somit auch alle anderen aus dem Kasten genommen werden müssen. Eine ziemliche Umstellung und immenser Zeitaufwand, von der wir aber reichlich haben. Mit den Tagen und Wochen werden wir mit Sicherheit das für uns beste System herausgefunden haben. Ebenso freunden wir uns mit den wenigen technischen Einrichtungen unseres Buses an. Allen voran der Kühlschrank welcher auf drei verschiedene Arten betrieben werden kann. Mit Batterie während der Fahrt, mit Elektrizität auf dem Campingplatz und mit Gas wenn man mehr oder weniger irgendwo in der „Pampa“ steht. Mit Gas zu kochen ist klasse; allerdings den Kühlschrank mit Gas betreiben eine Umstellung. Auch wenn selbstverständlich eine Lüftung eingebaut ist – Gas riecht!

Einer von hunderten von Cornishen Gaerten

Einer von hunderten von Cornishen Gaerten

Übrigens für alle von Euch, welche uns eine E-mail geschrieben aber noch keine Antwort bekommen haben, wir haben etwas Probleme unsere E-mails abzurufen. Das Problem wie wir an unsere Post kommen info@windrose-unterwegs.com sollte aber hoffentlich bald behoben sein. Bitte NICHT mehr an Mark-Meissner@t-online.de, da kommen wir überhaupt nicht mehr ran!!!!!!!!

Weiter zu unseren bisherigen Erlebnissen:
Wer Cornwall besucht, sollte nicht verpassen einmal einen typischen Cream tea zu probieren. Was ist das? Anstatt des bekannten 5 o´clock tea, zu welchem Sandwiches und Biskuites gereicht werden, hat man hier den geliebten Tee mit Milch und dazu Scones, clotted cream und Erdbeermarmelade. Für meine Begriffe schmeckt dies himmlisch, zumindest für einmal probieren, währenddessen es für Raimunds Geschmack zu fettig ist. Dieser Cream Tea wird überall in Cornwall angeboten, die besten und zugleich außergewöhnlich liebevoll arrangierten bekommt man aber auf dem Land, fernab von fast jedem Tourismus. Da sieht man dann Schilder an der Straße: Farm – Cream Tea.

Fischer von Marazion

Fischer von Marazion

Nachdem wir einen dieser wunderbaren Cream teas getrunken/ gegessen hatten, kam am Abend – als wir nach einem schönen Stellplatz zum Schlafen suchten – das nächste Highlight. Leider gibt es in Cornwall nicht sonderlich viele schöne Stellplätze, aber nicht mangels schöner Plätze. Der Grund dafür liegt an der hohen Bevölkerungsdichte und zusätzlich noch jede Menge Tourismus. Somit sieht man dann an den wenigen schönen Plätzen sofort diese für uns schrecklichen Schilder „No overnight parking“. Unweigerlich wird man dadurch auf Campingplätze gelotst, die für uns mit der Zeit zu teuer sind. Eine Nacht für ca. 15 Euro Standplatzgebühr. Also zurück zu unserem Highlight. Wir fanden ein wunderschönes Plätzchen über den Klippen bei Church Cove (liegt auf der Halbinsel von Lizard) wo wir mit unserem Bus stehen konnten. Völlig abgeschieden. Außer den teilweise meterhohen Wellen welche an die Klippen brandeten, kein einziges Geräusch. Nur wir und die Gewalt der Natur. Zwei Tage verbrachen wir dort und genossen jeden Augenblick davon. Danach ging es nach Helston wo wir leider einen nicht geplanten zweitägigen Stop einlegen mussten. Die Lichtmaschine unseres Buses war defekt. Doch wir hatten Glück im Unglück. Zwei Minuten Fußweg entfernt lag eine Werkstatt, in welcher der Schaden behoben wurde. Da dies jedoch nicht mehr am selben Tag zu reparieren war, weil die neue Lichtmaschine erst geordert werden musste, nächtigten wir in dieser Nacht auf dem Gelände der Werkstatt zwischen Autowracks und leeren Öltonnen!! Die Zeit in der wir warten mussten, nutzen wir dann eben um diesen Eintrag fürs Reisetagebuch fertig zu stellen und unsere E-mails abzuholen. Leider funktionierte letzteres dann doch nicht wie Ihr inzwischen wisst. Aber was soll es, wir haben ja alle Zeit der Welt und Probleme sind da um sie zu lösen. Nun das wars fürs erste von uns.
Wir wünschen Euch allen
„Gelassenheit, welche man braucht um ein Problem anzusehen
und das nötige Quentchen Glück um es zu lösen.“