Highlands and Islands
Heimatliche Gaumenfreuden. Das Geräucherte, der Leberkäse, die Käsekrainer und die Brezn aus der Heimat sind nicht nur Raritäten hier am Dunnet Head, dem nördlichsten Festlandpunkt Schottlands, sondern eine Delikatesse für unsere Gaumen. Die ersten Versorgungspakete aus der Heimat haben uns nach achtwöchiger Abstinenz dieser
„wichtigen bayerischen Lebensmittel“ erreicht. Von Dunnet Head aus haben wir eine wunderschöne Aussicht hinüber zu den Orkney Inseln, die die untergehende Sonne gerade in ein gelbgoldenes Licht tauchen.
Wir fahren weiter bis nach Thurso, wo wir uns nochmals mit Lebensmitteln und Kraftstoff für ca. eine Woche eindecken. Wir haben die Nordwest- Highlands vor uns. Der nächste größere Ort von hier aus mit Supermarkt ist Ullapool und liegt ca. 160 Meilen (257 km) entfernt im Westen. Dazwischen eine überwiegend menschenleere Gegend mit wenigen Orten. Die Ansiedlungen bestehen selten mehr als aus einem Dutzend Häusern. Nach der „Säuberung“ Anfang des 19. Jahrhunderts wurde die Gegend nur wieder wenig besiedelt. Es ereignete sich zum Beispiel im Winter 1819 um die Gegend des Ben Hope folgende Tragödie: Die Grundbesitzer hatten beschlossen, über hundert junge Pächterfamilien zu vertreiben. Sie wurden gegen ihren Willen auf ein Schiff nach Ontario/ Kanada gebracht. Gleich nach der Abfahrt geriet das Schiff in einen Wintersturm. Angeblich sind alle Personen ums Leben gekommen. Die Gutsbesitzer ließen gleich daraufhin die meisten Häuser der zwangsevakuierten Kleinbauern zerstören, um die Steine zum Straßenbau zu verwenden. Auch heute noch hat sich kaum mehr jemand in der Gegend angesiedelt. Die Reise durch die Nordwesthighlands ist auch eine Reise in unsere eigene Vergangenheit. Wir nehmen die gleiche Strecke, die wir bereits vor zehn Jahren fuhren, als wir das aller erste Mal in Schottland waren. An viele Plätze können wir uns noch ganz genau erinnern und fast auf den Meter genau sagen, wo unser Zelt damals stand.
Hier im Nordwesten Schottlands findet man noch eines der wenigen Naturparadiese Europas. Die Straßen führen an entlegenen Lochs (Lochs sagen die Schotten zu jedem See oder Seearm) vorbei und durch einsame Bergwelt. Die Schotten sind übrigens sehr naturliebende Menschen und haben teilweise ausgefallene Hobbies, zumindest für uns Festlandeuropäer. Da gibt es z.B. das „Munro-bagging“ oder das „Rain-watching“.
Munro-bagging (Munro knacken): „Munro“ lautet das Zauberwort, welches die schottischen Herzen höher schlagen lässt, benannt nach dem Schotten, Sir Hugh T. Munro, der 1896 alle Berge in Schottland die höher als 3000 Fuß (914 Meter) sind, aufgelistet und beschrieben hat. Hiervon gibt es 277 Munro-Berge. Im Jahre 1890 glaubte man noch, dass es höchstens dreißig solcher Berge in Schottland gibt. Heute gilt das „Munro-bagging“ wie diese Sucht offiziell heißt, als selbstverständlicher Bestandteil eines schottischen Bergsteigerlebens. Kinder, Rentner, selbst ganze Familien mit Hunden haben inzwischen die gesamte Runde gedreht. Dann gibt es noch neben den hunderttausenden Bird-Watchern (Vogelbeobachter) die Spezies der Rain-Watchers (Regenbeobachter), die nur darauf warten, dass sobald als möglich wieder ein Tief aufzieht. Dann geht es raus und es wird genauestens festgelegt, wann und wo welche Art von Regen beobachtet oder entdeckt wird. Ja, es gibt zum Beispiel Regenarten, die wurden in den letzten 40 Jahren nur zwei- oder dreimal gesichtet. Mittlerweile gibt es schon ganze Clubs von Rain-watchern.
Uns ist es lieber, wenn wir draußen keinen von diesen „Regenbewunderern“ sehen, denn dann wissen wir, wir haben gutes Wetter. Uns zieht es eher in den Bann des Bergwanderns. In der Nähe des Dorfes Achiltibuie, übrigens ist dort die größte Dudelsackschule Schottlands, begegnen wir einem alten Bekannten, namens Stac Pollaidh. Es ist ein Berg mit einem außergewöhnlich zackigem Gipfelkamm, welchen wir bereits vor zehn Jahren schon einmal bestiegen haben. Vom Gipfel aus hat man eine märchenhafte Aussicht auf die uralten Berge Caledoniens.
Nach einer Woche in den Highlands, erreichen wir Ullapool und das erste was wir tun – wir suchen uns einen Campingplatz mit heißer Dusche. Wir fahren weiter zu den abgelegenen Inseln der Inneren Hebriden. Schottland ist umgeben von 790 Inseln von welchen lediglich 130 bewohnt sind. Um auf die Inseln im Westen zu kommen, muß man eine der Fähren der Firma Caledonien Mac Brayne benützen. Die meisten Inseln kann man das ganze Jahr anfahren, lediglich die kleineren und am weitest entferntesten sind nur in den Sommermonaten zu erreichen. Auf all den Inseln und der gesamten Westküste von Schottland sprechen die meisten Menschen Gällisch. Genau wie das Gällisch in Wales ist auch hier das Gällisch Teil der sehr alten Gällischen Sprache.
Schottland fasziniert uns immer noch – lediglich mit der Mülltrennung welche hier praktiziert wird, sind wir nicht einverstanden. Im Straßengraben kann man hier alles finden, angefangen von alten Autos bis hin zu Kühl- und Gefrierschränken und das auch an Plätzen welche als Aussichtspunkt bezeichnet werden. Schöne Aussichten!!
Unsere nächste Geschichte findet auf der Isle of Mull statt:
Schafe, Lämmer, Schafe, Lämmer. Es ist irrsinnig, wie viele weiße Flecken man hier überall sieht, auf den Hügeln, den Feldern und auch auf den Straßen. Die meisten Schafe leben hier wie im Paradies. Die Lämmer sind immer zusammen mit den Müttern auf den Feldern, welche nicht durch Stacheldrahtzäune begrenzt sind. Die einzige Begrenzung ihres Daseins sind die „Cattle grid“, in den Boden eingelassene Metallstreben. Die Territorien von einem Cattle grid zum nächsten sind sehr oft so lang wie das gesamte Tal (glen) im Durchschnitt etwa 5 km.
Eine sehr lustige Begegnung mit Schafen haben wir auf der Isle of Mull. Wir finden einen phantastischen Übernachtungsplatz am Loch na Keal, direkt am Meer. Das Wetter ist warm und sonnig. Wir sind die einzigen hier, außer uns nur Schafe. Das ist genau das richtige Wetter und die richtige Umgebung um einen Frühjahrsputz am Bus durchzuführen. Als wir gerade am Putzen sind, hören wir schon von weitem einen Transporter, welcher konstant die Hupe betätigt. Wir wundern uns warum er dies tut. Auf einmal kommen sämtliche Schafe aus allen Richtungen von weit her und rennen was das Zeug hält in Richtung des Transporters. Määääh! Määääh! Der Transporter hält und ein Bauer entsteigt dem Transporter mit einem blauen Plastiksack. In diesem Plastiksack – Ihr habt richtig geraten – ist zusätzliches Futter für die Schafe auf dass sie wohl äußerst scharf sind. Dies ist nun die Vorgeschichte der eigentlichen Geschichte.
Am nächsten Tag – wir sitzen in unserem Bus beim Frühstücken – entscheiden wir uns noch hier zu bleiben, da es ein wirklich fantastischer Platz ist. In diesem Moment bemerken wir, dass sämtliche Schafe in unserer Sichtweite sich Richtung Straße bewegen. Ah, das muß der Bauer mit dem Zusatzfutter sein, denken wir. Nur komisch, bis jetzt hatten wir die Hupe noch nicht gehört. Naja, wahrscheinlich haben Schafe einfach den besseren Instinkt, sie spüren es wohl schon, dass der Bauer gleich kommt. Ahja jetzt kommt der weiße Transporter – oh nein, es ist ein weißer Camper. Alle Schafe fangen nun an zu laufen – ihr Ziel der weiße Camper. Überall hört man nun „Määäh, määäh“ die Schafe sind aufgeregt und schon voller Vorfreude auf ihr Futter. Ein Blick in das Gesicht des Fahrers zeigt uns, dass dieser die Situation noch nicht so recht einschätzen kann. Heißt es nicht, Schafe sind friedfertig und eher scheu. Aber das da sieht nun wirklich nicht danach aus. Er fängt also an zu hupen. Oh je das hätte er dann doch besser nicht getan. Die Schafe haben innerhalb ein paar Minuten den Camper komplett eingeschlossen und der Fahrer des Campers ist kurz davor in Panik auszubrechen. Er entschließt sich, den Camper abzustellen und zu warten. Irgendwie hat das Leitschaf wohl gemerkt, dass hier ein Fehler vorliegen muß und der Camper doch nicht der Bauer mit dem guten Futter ist. Ein kurzes lautes Blöken und alle Schafe drehen sich um und lassen den Camper weiterfahren. Raimund und ich schauen uns an und können uns kaum noch halten vor Lachen. Tja das war wohl ein bisschen zu früh.
Ich verlasse den Bus um mir meine Zähne zu putzen. Gerade als ich draußen stehe, merke ich es ist doch noch etwas frisch und schnappe mir meinen blauen Anorak. Ihr erratet wohl was nun passiert. Die Farbe blau, hört sich ein bisschen wie Plastik an?! – Ah da ist unser Bauer, er stand die ganze Zeit hier ohne dass wir ihn bemerkt haben. Ein kurzes und lautes „Määäh“ und die gesamte Ho(e)rde kommt auf mich mit rasantem Tempo zugelaufen. Im ersten Moment denke ich: Was habe ich denn falsch gemacht, Schafe sind doch so friedlich und auf einmal kapier ich und fange an lauthals zu lachen. Das hält aber die Schafe nicht ab, weiter in meine Richtung zu laufen. Nun bin ich von ca. 50 laut blökenden Schafen umrundet. Was soll ich nur tun, also irgendwie muß ich ihnen zu verstehen geben, dass ich nicht ihr geliebter Bauer mit dem Futter bin. Ich fange also an ihnen dies zu sagen bis auf einmal Raimund aus dem Bus brüllt: „Die können Dich doch gar nicht verstehen, Du sprichst zu ihnen in Deutsch. Das sind englisch sprechende Schafe“ Also erzähle ich das Ganze noch einmal auf Englisch. Auf einmal legt das Leitschaf seinen Kopf zur Seite als ob es überlegen würde:“ Also entweder der Bauer treibt heute ein Spielchen mit uns oder das ist gar nicht unser Bauer.“ Danach das schon bekannte kurze „Määh“, es dreht sich um und all die anderen Schafe auch und sie gehen davon. Ich stehe immer noch vor dem Bus wie angenagelt mit meiner Zahnbürste in der Hand, während Raimund sich drinnen im Bus den Bauch hält vor Lachen. Keine Ahnung ob das Schaf mich wirklich erst verstanden hat, als ich Englisch sprach aber mich würde wirklich interessieren was für eine Art Futter der Bauer seinen Schafen gibt, die sind ja direkt süchtig danach.
Wir sind bereits auf der Isle of Skye, der größten Insel der Inneren Hebriden. Das erste was uns einfällt, eine CD von Runrig einlegen. Skye ist der Ursprung der schottischen Rockgruppe Runrig. Die Musiker verstehen es exzellent, traditionelle Folksmusik mit gutem Rock zu mischen. Sie schreiben ihre Musik und Texte selbst und ein Großteil der Songs wird in gälischer Sprache interpretiert. Ihre Fangemeinschaft reicht weit über Schottlands Grenzen hinaus und die Konzerte sind oft schon Monate zuvor ausgebucht. Letztes Jahr sind wir extra zu einem Runrig Konzert in der Nähe Aberdeen´s (Ostküste Schottlands) gekommen. Nun wo wir nicht mehr in Regensburg wohnen, kam Runrig dieses Jahr im April nach Regensburg.
Nun weiter zur Insel Skye. Sie ist ein hervorragendes Revier für Bergwanderer und Bergsteiger. Das Trotternish-Massiv im Nordosten der Insel lädt von mehrstündigen bis zweitägigen Wandertouren ein.
Die raue Schönheit der Natur ist kaum mit Worten zu beschreiben. Auch die Berge im Süden der Insel „The Cuillins“ stehen an Schönheit dem Massiv im Nordosten in nichts nach. Wir haben bereits die zweite Maiwoche und bisher mit dem Wetter viel Glück gehabt, denn Skye ist nicht gerade für sonniges u. warmes Wetter berühmt. Tagsüber hatten wir eigentlich schon
angenehme Temperaturen. Nur in der letzten Nacht auf war es recht kalt. Unsere Standheizung musste noch mal herhalten. Am Morgen trauten wir unseren Augen nicht. Die Berggipfel hatten alle eine weiße Haube bekommen. Es hatte über Nacht nochmals geschneit.Die Luft war so klar, dass man sogar die schneebedeckten Gipfel der Applecrosshalbinsel auf den Festland sehen konnten.
Nun dies wars wieder mal. Wir müssen los denn es wurden weitere Versorgungspackete angekündigt die auf dem Postamt in Onich auf uns warten.
Bis demnächst !!!
Michaela und Raimund