Eskdalemuir, klingt nach einem Ort aus einer alten keltischen Sage. Hier in der Abgeschiedenheit nahe dem Dorf Eskdalemuir, in einem kargen Tal, liegt das Tibetisch-Buddhistische Kloster Kagyu Samye Ling (siehe unter Links). 1967 wurde dieses Kloster von Dr. Akong Tulko Rinpoche unter der Fuehrung von Lama Yeshe Losal Rinpoche, gegründet. Heute ist es nicht nur ein Kloster, es ist ein Ort in dem auch weltliche Personen am buddhistischen Klosterleben für eine Weile teilnehmen können, ähnlich einem römisch-katholischen Kloster welches, Meditationstage anbietet.
Zwei Mönche huschen in ihren purpurroten Kutten ?ber den Hof zum Tempel. Der Regen prasselt auf das Dach und der Wind singt ständig andere Melodien. Die gleiche Szenerie könnte sich irgendwo im tibetischen Hochland abspielen. Es begegnen einem Männer und Frauen jeglichen Alters. Einige von ihnen sind kahl geschoren (wie wir später erfahren, sind dies die Nonnen und Mönche des Klosters), manche davon mit tibetischen Zügen. Die meisten der Besucher bleiben ein bis zwei Wochen zum Meditieren.
Wir stellen uns bei George, einem jungen Mann so um die Mitte dreißig, vor. Er ist der Administrator und hält die Fäden in dieser „religiösen Kommune“ zusammen. Wir machen einen Deal mit George. Wir arbeiten, er gibt uns freie Verpflegung und Unterkunft, wobei wir natürlich lieber in unserem eigenem „Rolling Home“ übernachten. Für den darauffolgenden Tag bestellt uns George um 9:00 Uhr in sein Büro. Er zeigt uns unsere Aufgaben für die nächsten Tage. Tägliche Reinigung des Speisesaals nach dem Frühstück, inklusive Bodenwischen und Fensterputzen. Am Nachmittag steht dann noch ein zusätzlicher Raum zum Reinigen an. Meist sind wir gegen 14:00 Uhr mit unseren Arbeiten fertig und haben noch genügend Zeit für uns selbst. Wir können aber auch jederzeit die Arbeit unterbrechen und an den angekündigten Meditationen im Tempel teilnehmen.
Sollten uns die Schreie der beiden Pfaue des Klosters nicht schon vor Sonnenaufgang geweckt haben, werden wir spätestens durch die dumpfen Gongschläge eines Mönches geweckt, die er unweit unseres VW-Buses ausführt und welche die allmorgendliche Meditation (Gebet) ankündigt. Eine „Messe“ im Buddhismus läuft folgendermaßen ab: Die Schuhe werden beim Betreten des Tempels ausgezogen. Der Tempel selbst ist beheizt und wirklich warm, anders als bei uns in den Kirchen. Am Fußboden befinden sich Sitzkissen auf denen jeder nach seiner eigenen Variante Platz nimmt, die meisten jedoch im einfachen Yogasitz. Vor den Sitzkissen stehen kleine Bodentische auf denen man „Gebetsbücher“ legen könnte. Beim Betreten des Lamas (buddhistischer Priester) drehen sich die Gläubigen in seine Richtung und folgen ihm mit gebeugtem Haupt und einem Wa (der buddhistische Gruß, indem man die Hände faltet und diese zum Gesicht führt. Umso höher im Gesicht das Wa ausgeführt wird, umso mehr zeugt es von Respekt dem anderen gegenüber) seinen Weg zum „Altar“. Der Altar im Buddhismus ist nicht ein eigentlicher Altar. Vielmehr ist es ein erhöhter Sitz in dem der Lama Platz nimmt mit dem Gesicht zu seiner „Gemeinde“. Der Lama fällt zusammen mit den Gläubigen in eine Art Singsang ein. Für unsere Ohren hört es sich an, als ob eine kurze Aneinanderreihung verschiedener Laute immer wiederholt würde um den Gläubigen auf die Meditation – die eigentliche „Messe“ – vorzubereiten. Nach ca. 5 Minuten ertönt ein Schlag auf dem Gong vom Lama selbst ausgeführt und die „Gemeinde“ verfällt in eine einstündige Meditation. Im Buddhismus ist man der Ansicht, dass nur durch das Schweigen, das Nachdenken an sich wahre Erleuchtung und Frieden gefunden werden kann. Nach dem Prinzip „Reden ist Silber, Schweigen ist Gold“. Irgendwie ist da was Wahres dran. Nach dieser Stunde lässt der Lama dann wieder seinen Gong erklingen und die „Gemeinde“ endet mit einem „Schlussgesang/gebet“. Der Lama erhebt sich und die Gläubigen folgen ihm wieder in gebeugter Haltung mit dem Wa in Richtung Ausgang. Auch die Gläubigen erheben sich und jeder geht wieder seiner Arbeit nach.
Frühstück gibt es bereits um 6:00 Uhr. Vor Betreten des Speisesaales muss jeder seine Schuhe ausziehen. Wir haben nichts dagegen, denn schließlich sind wir es, die später den Boden reinigen müssen. Die Küche kocht vegetarisch/vegan und uns ist aufgefallen, dass keiner während der drei Essenszeiten Flüssigkeit zu sich nimmt. Selbst beim Frühstück gibt es keinen Tee oder Kaffee. Dafür rennen alle den ganzen Tag mit Teetassen umher. Diesen gibt es gratis im Haupthaus soviel man trinken kann.
In Eskdalemuir werden fast alle Arbeiten selbst ausgeführt. Dem Kloster sind eine Gärtnerei, eine Schreinerei und eine Steinmetzwerkstatt angegliedert. Auch eine kleine Farm ist unweit des Klosters Unser VW-Bus in dem wir „wohnen“ steht nur ein paar Schritte neben Gyamtso`s Werkstaat . Gyamtso ist Mönch und hat in seinen jungen Jahren in Tibet die Kunst des Steinmetzhandwerks erlernt. In seiner Werkstaat zeigt er uns welche Techniken er anwendet und an welchen Objekten er gerade arbeitet.
Diese Ungezwungenheit und der nette Umgang der Menschen miteinander begeistern uns. Nun, welche Götter auch immer für das Wetter zuständig sind, sie erhören uns einfach nicht. Nach tagelangen Regenschauern, Temperatursturz und Ausfall unserer Standheizung in der letzten Nacht, beschließen wir in Richtung Küste aufzubrechen wo wir uns ein etwas besseres Wetter erhoffen.
Bis auf bald
Raimund und Michaela