Paraguay – Argentinien – Uruguay – Rückkehr Gran Chaco – Filadelfia – Asuncion – Formosa – Salto – El Ombu – Montevideo -Buenos Aires – Montevideo – Frankfurt

Nachdem wir das Regenwaldgebiet verlassen haben und bereits zwei Tagen nach Süden in Richtung Paraguayische Grenze unterwegs sind, lässt auch das feucht tropische Klima endlich nach. Wir befinden uns wieder in einer Region mit gemäßigten Temperaturen. Aber die nächste extreme Landschaft wartet schon auf uns. Der „Gran Chaco“. Mit seinen Dornenbuschsavannen und Trockenwäldern streckt er sich vom Süden Boliviens über Paraguay bis in den Norden Argentiniens hinein.

...überall wo wir auftauchen verewigen sich Kinder kreativ auf unserer „Außenhaut“

...überall wo wir auftauchen verewigen sich Kinder kreativ auf unserer „Außenhaut“

Die Süd-Nord-Ausdehnung beträgt 1500 Kilometer und mit seiner Fläche von 647 500 Quadratkilometer ist der Chaco fast zwei Mal so groß wie Deutschland. Im Sommer ist diese Region extrem heiß und trocken. Durch das kaum besiedelte Gebiet führen nur wenige Straßen. Die Menschen die hier leben sind meist Mennonitische Siedler die als Farmer leben und indianische Nomaden. Wir wollen den Gran Chaco auf der Trans-Chaco-Route von West nach Ost durchqueren. Bereits in Bolivien erkundigen wir uns über die Fahrstrecke und den Zustand der Straßen. Mehrere Male fragen wir und bekommen die verschiedensten Antworten. Auch auf unseren beiden Straßenkarten sind unterschiedliche Routen eingezeichnet. Wir verlassen uns auf unser Bauchgefühl und fahren in Richtung „Canada Oruro“, einem kleinen Grenzdorf auf bolivischer Seite. Ein Bus mit Paraguayischen Kennzeichen kommt uns aus dieser Richtung entgegen und bestärkt unsere Entscheidung. Denn wenn der Bus es bis hierher geschafft hat, dann kann die Straße nicht so schlecht sein. Bevor wir die Grenz- u. Zollabfertigungsstation erreichen, müssen wir durch Militärgebiet fahren mit den üblichen Kontrollen. Dann erneute Kontrolle bei der Grenzstation. Der wirklich nette Grenzbeamte fragt: “Habt ihr genügend Wasser dabei?“ „Ja“ „ Habt ihr genügend Diesel dabei?“ „Ja“ „Habt ihr genügend zu essen dabei?“ „Auch das“ „ Von jetzt ab seid ihr alleine, bis nach Mariscal Escibarribia sind es in etwa 270 km, eine Strecke welche ihr unter normalen Umständen in ca. 4 Stunden schaffen könnt, wenn ihr euch aber auf der Strecke festfahrt oder verfahrt kann es Tage dauern, bis ihr in Mariscal ankommt.“ Das sind ja schöne Aussichten und sehr aufmunternd!! Außerdem weist er uns noch darauf hin, dass wenn wir Geld wechseln wollten, haben wir hier und sofort beim Ausgang noch mal die Gelegenheit. Da steht seine Ehefrau und wartet schon mit den Paraguayischen Geldscheinen in der Hand. Wir haben noch umgerechnet für 10 Euros Bolivianos übrig und lassen diese bei der Frau des Wachmeisters wechseln. Sie haut uns natürlich übers Ohr und tauscht sie uns zu einen unverschämten Kurs. Dies war uns im Voraus klar, aber was sollten wir mit den paar Bolivianos in Paraguay anfangen. Nochmals 40 Kilometer bis zur tatsächlichen Grenze. Erneute Kontrolle von Bolivianischer Seite, dann von den Paraguayos. Da es schon dunkel wird, fragen wir den Comandante der Paraguayischen Militäreinheit, ob wir heute Nacht neben dem Gebäude zum Übernachten stehen könnten. Kein Problem, sie bieten uns sogar die Duschen und Toiletten an. Am frühen Morgen kommt ein Grenzsoldat und möchte erneut unser Pässe sehen. Er schaut sie durch und lässt uns wissen da fehle zum normalen Ausreisestempel aus Bolivien der sogenannte „Touristenstempel“ von den bolivianischen Behörden. Da wir diesen nicht haben kostet uns dieser pro Person 10 US-Dollar wenn wir weiter fahren wollen oder aber wir müssen nach Bolivien zurückfahren. Natürlich gibt es einen solchen Stempel nicht. Wir wussten von der Korruption der Paraguayischen Beamten, aber von diesem Trick hatten wir noch nichts gehört. Michaela nimmt ihm die Pässe wieder ab und ich frage ihn nach seinem Namen sowie Dienstgrad und schreibe mir diese auf . Ich lasse ihn wissen: wenn es schon einen solchen Stempel gibt dann werden wir die 10 US-Dollar gewiss nicht bei ihm, sondern im Büro der Emigration zahlen. Und schon waren wir auch dieses Problem los. Keiner hatte hinterher jemals wieder nach einem solchen Stempel gefragt. Schleunigst machen wir uns auf den Weg, denn wer weiß was den „Brüdern“ sonst noch alles einfällt. Nach ein paar Kilometer sehen wir aus der Ferne ein dunkles Band. Es sieht aus wie eine breite Teerstraße. Nun, es ist keine Fatamorgana, es ist eine breite Straße mit neuem Teerbelag. An einigen Abschnitten sind sie gerade noch am Bauen. Und wie sich später herausstellte, ist sie durchgehend geteert, die ganzen 700 Kilometer bis Asuncion. Von dieser nagelneuen Teerstraße hat mit Sicherheit der nette und fürsorgliche Grenzbeamte in Bolivien auch noch nichts gewusst.

... Flaschenbäume, typischer Baumwuchs entlang des Trans-Chaco

... Flaschenbäume, typischer Baumwuchs entlang des Trans-Chaco

Zuerst müssen wir ins 230 Kilometer entfernte Mariscal Estigarribia, der nördlichsten Siedlung und militärischer Außenstation Paraguays, wo bei der Emigration unsere Einreisedokumente erstellt werden.
Es geht weiter auf dem Trans-Chaco. Den ganzen Tag ist uns noch kein Auto entgegen gekommen. Vielleicht sind wir die einzigen die heute unterwegs sind. Es gibt viele verschiedene Tierarten hier im Gran Chaco, darunter Jaguare, Ozelote, Tapire, Ameisenbären. Zu Gesicht bekommt man diese Tier aber nur in den seltensten Fällen. Schlangen und Taranteln trifft man schon häufiger an.

... Schlangen sieht man häufig auf der Trans-Chaco-Route

... Schlangen sieht man häufig auf der Trans-Chaco-Route

Unser nächstes Ziel sind die Mennoniten-Kolonien. 1927 kamen die ersten deutschstämmigen Mennoniten aus der Sowjetunion in die Abgeschiedenheit des Chacos. Während der kommunistischen Herrschaft in Russland wurde die Religionsausübung verfolgt. Hier im Chaco konnten sie ihren Glauben frei ausleben. Mennoniten sind Mitglieder einer streng protestantischen Gemeinde, die ihr Leben nach der Bibel ausrichten. Heute leben in drei Kolonien über 14 000 deutschsprachige Personen. Die meisten beherrschen nur die deutsche (zumeist plattdeutsche) Sprache. Das Zentrum bildet der Ort Filadelfia. Freunde von uns waren vor 18 Jahren hier in Filadelfia und gaben uns den Namen von einer Familie welche sie kennengelernt und bei denen sie übernachtet hatten. Diese Familie wollen wir nun besuchen. Wir fahren an den ersten Bauernhöfen der Kolonie vorbei. Uns fällt sofort die Ordnung und Sauberkeit auf. Eine alte Deutsche Tugend eben. Es ist Samstag Nachmittag, als wir im Zentrum von Filadelfia eintreffen. Der Ort wirkt wie ausgestorben. Ab Samstag Mittag sind ausnahmslos alle Geschäfte geschlossen. Also keine Lebensmittel, noch nicht einmal einen Geldautomat können wir finden. Nach langem Suchen, treffen wir dann doch auf eine Gruppe von Jugendlichen die wir zwecks Übernachtungsmöglichkeiten auf Spanisch anreden. Aber sie sprechen nur deutsch und geben uns auf Deutsch die gewünschte Auskunft. Da es schon Spätnachmittag ist, beschließen wir unseren Übernachtungsplatz zu beziehen und die Familie morgen zu suchen. Es ist schon seltsam zu wissen man ist irgendwo in Südamerika und es sieht aus wie in einem kleinen norddeutschen Ort. Am nächsten Morgen erfahren wir dann vom ehemaligen Arbeitgeber des Familienvaters, daß dieser bereits verstorben und die Familie nach dessen Tod nach Deutschland zurückgekehrt ist. Wir machen am selbigen Tag dann doch noch Bekanntschaft mit einem Mennoniten, der uns erzählt wie das Leben sich in dieser Kolonie sich so abspielt. Für uns ein sehr interessantes und lehrreiches Gespräch.

... Ortshinweisschild mit deutschen Ortsnamen im Chaco

... Ortshinweisschild mit deutschen Ortsnamen im Chaco

Es geht weiter auf der Trans-Chaco-Route. Neben der Straße passieren wir immer wieder kleine Zeltdörfer die aus Plastikplanen und Sperrmüll errichtet sind, in denen Indianerfamilien hausen. Gelegentlich bieten sie auch Arbeiten ihres Kunsthandwerks am Straßenrand feil. Wir haben noch 460 Kilometer vor uns bis nach Asuncion, der Hauptstadt Paraguays bzw. bis zur Argentinischen Grenze. Nach dem Grenzübertritt zu Argentinien übernachten wir an einer Tankstelle bei Formosa, denn es ist bereits dunkel. Die Tankstelle hat einen kleinen Minimarket. Wir kommen uns vor wie im Schlaraffenland. Auf ein solch großes Sortiment an Lebensmittel mussten wir die letzten Monate verzichten und dies ist lediglich ein Minimarket. Wir wollen so schnell es geht nach Uruguay zu den Thermen und uns dann ein paar Tage einfach treiben lassen nach den vielen Kilometern der letzten Tage. Eine Menge Wäsche steht zum Waschen an und einige kleine Reparaturen am Auto müssen durchgeführt werden. Bei Salto überqueren wir die Argentinisch-Uruguayische Grenze.
Uruguay ist ein kleines Land, bezogen auf seine Fläche und der Anzahl der Einwohner. Es hat 3,4 Millionen Einwohner von denen die Hälfte in der Hauptstadt Montevideo und deren Umland lebt. Anders als in den restlichen Ländern Südamerika gibt es in Uruguay keine Ureinwohner mehr. Die Menschen hier sind meist Nachkommen europäischer Einwanderer oder sie sind selbst eingewandert. Ein Großteil der Bevölkerung lebt von und in der Landwirtschaft bzw. Viehwirtschaft.

... Bauernhof im Norden von Uruguay

... Bauernhof im Norden von Uruguay

Ach ja, dann ist da noch das „Reisemitbringsel“ aus Bolivien. Seit vielen Tagen plagt mich ein großes Hühnerauge an der großen Zehe. Michaela begutachtet es und meint „das ist mittlerweile schon so groß, es wäre besser dieses von einer Fachkraft oder einem Arzt entfernen zu lassen. Zumal es zu einer Infektion kommen kann“. Ich glaube nicht, dass es ein Hühnerauge ist und mache mich mit dem Leatherman an die Arbeit. Vorsichtig schäle ich Schicht für Schicht die Hornhaut ab und schneide es anschließen auf. Zu unserer Überraschung, was kommt da zum Vorschein? Eine kleine weiße Made, um die 5 Millimeter groß. Vorsichtig ziehe ich sie mit der Zange heraus und reinige das „Nest“ mit Jod. Da hat doch so ein Bist tatsächlich meinen Zeh als seinen Brutplatz ausgewählt und ihre Eier unter die Hornhaut meiner großen Zehe gelegt. Glück im Unglück, die Wunde ist auf jeden Fall schnell und problemlos wieder verheilt.
Unser Weg führt uns zuerst zu den Thermen rund um Paysandu. Bei den Thermen von Almiron bleiben wir dann fast eine Woche. Die Wärme des Wasser tut uns richtig gut, denn seit Tagen ist es bitterkalt. Hier lernen wir eine nette Familie kennen. Rainer, ein Schweizer und seine Brasilianische Frau Josi sind vor 3 Jahren von Brasilien nach Uruguay ausgewandert. Wir werden von ihnen eingeladen. Sie leben mit ihren drei Kindern in einem kleinen Haus in der Nähe von Young in einer kleinen deutschen Mennonitensiedlung namens El Ombu. Ähnlich wie bei den Mennoniten in Paraguay, wird auch hier noch Deutsch gesprochen. Rainer und Josi zeigen uns das Dorf, ja ich darf sogar auf Roco ihrem Pferd reiten. Nach anfänglichen Schwierigkeiten gebe ich aber auf. Es ist eben doch nicht ganz so einfach wie ich es mir vorgestellt habe, vor allem habe ich Probleme mit dem „Bremsen“ bei Roco. Bei „Oma Fast“, wie sie die verwitwete ältere Dame liebvoll nennen, werden wir zum schlafen einquartiert. Rainer muß am nächsten Tag zur Untersuchung seines lädierten Knies, – welches ihm vor einiger Zeit ein Pferd zufügt hat – nach Argentinien zur Untersuchung ins Krankenhaus.

... Josi, Michaela und die Kinder

... Josi, Michaela und die Kinder

Es spricht sich schnell im Dorf herum, daß zwei Deutsche hier sind. Ja es ist sogar eine kleine Attraktion, denn nur selten verirren sich Fremde in diese verschlafene Ecke. Verschlafen meine ich positiv, denn hier scheint die Zeit stehen geblieben zu sein. Nicht selten begegnet man Fahrzeuge, die mehr als 60 Jahre alt sind. Auch hier ist ein Pferd – wie in fast allen südamerikanischen Ländern – das natürlichste und häufigste Fortbewegungsmittel. Am Nachmittag sind wir von Armin zum Kaffee eingeladen. Die Einladungen gehen weiter. Am anderen Tag lädt uns noch mal Armin in ein Restaurant im nahe gelegenen Young zum Mittagessen ein. Am Abend sind wir dann von Elsa und Harry, einer jungen Familie mit zwei Kindern, zum Pizzaessen eingeladen. Harry hat die Schmiede seines Vaters übernommen. Heute ist die Schmiede mehr eine Werkstatt für Landmaschinen. Es ist für uns sehr interessant zu hören, wie es damals war als 1948 ihre Eltern hierher kamen und das Land besiedelten. Viele von ihnen leben heute nicht mehr und die Kinder haben mittlerweile selbst schon wieder Kinder aber es wird immer noch deutsch gesprochen, deutsch gedacht und deutsch gelebt. Die Deutschen haben dann auch meist untereinander geheiratet und sind größtenteils unter sich geblieben. Mittlerweile können auch fast alle hier die Deutsche Welle im Fernsehen empfangen und einen Computer mit Internet-Anschluß gibt es auch für die Öffentlichkeit. Nicht zuletzt durch das Knowhow von Rainer, der ihnen die Satellitenschüsseln moniert und ihnen in Sachen Internet zur Seite steht. Ja, Rainer werden wir nicht mehr sehen, denn das Krankenhaus hat ihn gleich zur Operation dort behalten und wir haben nicht mehr die Zeit länger zu bleiben.
Jede Reise geht mal zu Ende, auch unsere, zumindest hier in Südamerika. Wir wären gerne noch länger auf diesem wunderschönen Kontinent geblieben, aber die Reisekasse meldet „Ebbe“. So heißt es also jetzt, alles für die Rückkehr nach Europa zu organisieren und danach werden wir uns Gedanken machen, was wir nach unserer Rückkehr nach Europa machen werden, wollen, können….. .
Am nächsten Tag machen wir uns auf den Weg in die Hauptstadt Montevideo wo wir unsere Flugtickets in der Deutsche Botschaft abholen.

... Skyline von Montevideo-Uruguay

... Skyline von Montevideo-Uruguay

Unseren VW-Bus von Montevideo nach Hamburg zu verschiffen wäre zu schön gewesen. Die Rederei macht uns Probleme. Sie verlangt von uns, daß wir einen Spediteur beauftragen, der für uns den ganzen Transport abwickelt. Dies kostet natürlich wieder extra. Und das nicht wenig. So beschließen wir, dass wir noch mal nach Argentinien fahren und unseren VW-Bus von Buenos Aires aus verschiffen. Von hier aus können wir alles selbst erledigen und bei unserem Fahrzeug solange bleiben bis der Container verschlossen ist. Es handelt sich hier um die gleiche Rederei wie in Uruguay, nur eben ein anderes Büro in einem anderen Land. Es ist zwar für uns ein enormer Zeitaufwand, zumal wir wieder nach Montevideo zurück müssen da unser Flug von Montevideo nach Frankfurt gebucht ist, aber es kommt uns wesentlich günstiger. Also auf nach Argentinien. Bevor wir mit der Fähre von Colonia nach Buenos Aires übersetzen, verbringen wir noch zwei Tage auf einer Estancia. Dies war nicht wirklich geplant – was war schon geplant, seitdem wir unterwegs sind 🙂 – aber in Argentinien ist morgen ein Feiertag und die Zollbehörden arbeiten erst übermorgen wieder. Wir haben die Fähre vorgebucht; zwecks des Feiertags haben viele Argentinier das verlängerte Wochenende zu einen Kurzurlaub nach Uruguay genutzt und die Fähre ist ausgebucht. Wir bekommen zum Glück den letzten Platz auf der Fähre. Um 2:00 Uhr morgens brechen wir auf nach Colonia, da das Fährschiff bereits um 4:30 Uhr ablegt. Zuvor müssen noch die ganzen Aus- und Einreise- sowie die Zollformalitäten erledigt werden. Zum 15. Mal überqueren wir nun eine Staatsgrenze auf unserer Südamerika-Reise und diese ist die Einfachste. In fünf Minuten ist alles erledigt. Der Fluß „Rio de la Plata” ist bei Colonia so breit, dass das Fährschiff zur Überfahrt nach Buenos Aires drei Stunden benötigt. Rechtzeitig zum Sonnenaufgang treffen wir im Hafen von Buenos Aires ein. In Buenos Aires haben wir auf Grund des Feiertags kaum eine Chance noch ein Hotelzimmer zu bekommen. Die wenigen Campingplätze, die es in der Stadt und im Umland gibt, sind im Süd-Winter geschlossen. Auf dem Weg durch die Stadt sehen wir einige Militärcamping und überlegen ob wir fragen sollen. Wir wagen es. Michaela steigt aus und fragt den Militärposten welcher am Eingang mit seinem Maschinengewehr steht. Er lächelt in einer etwas sonderbaren Art und Weise und schüttelt den Kopf. Na gut dann eben nicht. So hat Michaela eine weitere Idee und wir fahren zum Yachtclub Olivos, wo auf einem bewachten Gelände die Boote der Mitglieder stehen. Wir sagen, dass wir aus Hamburg kommen und dort Mitglieder des Yacht und Kanu-Clubs sind und fragen, ob es nicht die Möglichkeit gibt hier zu Übernachten. Der Wachmann holt einen Verantwortlichen des Yachtclubs und wir werden freundlich aufgenommen. Wir haben sogar heiße Duschen. Seit drei Wochen frieren wir nun schon durch das nasskalte Winterwetter, das für hiesige Verhältnisse auch nicht normal ist. Unsere Standheizung läuft ebenfalls seit Wochen auf Hochbetrieb. Heute Nachmittag dann der Höhepunkt. Es beginnt zu Schneien. 1918 hat es zum letzten mal in Buenos Aires geschneit und das ist immerhin vor 89 Jahre gewesen. Für uns ist es kein Trost bei diesem historischen Ereignis dabei zu sein, wir freuen uns eher schon auf den europäischen Sommer. Am nächsten Morgen geht es erstmal per Taxi zum Büro von Hamburg-Süd. Der Taxifahrer ist sehr nett und versucht uns so etwas wie ein Fremdenführer zu sein. Immer wieder deutet er nach rechts oder links und erklärt was wir hier sehen. Als wir an dem „Militärcamping“ von gestern vorbeikommen sagt er: „Und das ist eines der wichtigsten und bedeutendsten Gelände in Buenos Aires, hier wohnt unser Staatspräsident Kirchner mit seiner Familie“. Tja, wir können jetzt schlecht lachen obwohl wir beide ein irrsinniges Zucken um die Mundwinkel verspüren, zumindest wissen wir jetzt warum der Militärposten für unsere Begriffe etwas sonderbar gelächelt hatte. Im Büro von Hamburg Süd angekommen wird uns noch einmal der Ablauf der Verschiffung erklärt. Auch erfahren wir, dass sich die argentinische Zollbehörde zusätzlich zu den bestehenden Hürden, eine neue Hürde einfallen hat lassen um die Touristen zu ärgern. Wir müssen bei einem Notar unsere Reisepässe beglaubigen lassen, dass diese echt sind und nicht gefälscht. Diese Verordnung gibt es seit zwei Monaten und was das für einen Sinn haben soll, bleibt uns ein Rätsel. Als wir bei der Zollbehörde ankommen, sagt man uns und der Schlange die bereits vor uns wartet, dass der Computer nicht funktionier und heute keine Anträge mehr bearbeitet werden können. Wir sollen morgen wieder kommen, vielleicht funktionieren ja die Computer bis dahin wieder. Das sind ja tolle Aussichten.

... auf dem Gelände des Yachthafens von Olivos bereiten wir unseren VW-Bus zum Verschiffen vor

... auf dem Gelände des Yachthafens von Olivos bereiten wir unseren VW-Bus zum Verschiffen vor

Die Zeit läuft uns davon, denn wir haben bereits unseren Rückflug gebucht. Mit neuer Hoffnung sind wir am anderen Morgen bereits Eineinhalbstunden vor Öffnung des Zollbüros vor Ort um nicht irgendwo hinten in der Warteschlange zu stehen. Wir sind aber nicht die Ersten. Jeder wartet gespannt bis die Tür aufgeht und hofft, daß der Zollbeamte mit positiver Nachricht erscheint. Die Computer gehen wieder, uns fällt ein Stein, nein ein Felsbrocken vom Herzen. Nun zählt jede Minute. Wenn wir heute nicht unseren VW-Bus in den Container bringen, haben wir ein riesiges Problem. Nach einer Stunde haben wir alle nötigen Stempel und Unterschriften – bis auf eine, die des obersten Zollchefs und der kommt nicht vor 14:30 Uhr ins Büro. Wir diskutieren mit den Zollbeamten und erklären ihnen unser Problem, aber das interessiert sie nicht. Den Verladetermin, den wir mit Hamburg-Süd vereinbart haben, müssen wir nun zum zweiten Mal verschieben. Hamburg-Süd kommt uns entgegen und gibt uns für heute nachmittag noch einen Verladetermin. Wir müssen jedoch spätestens um 18:00 Uhr unseren VW-Bus in der „Kiste“ haben, denn dann gehen die Arbeiter nach Hause. Um 15:00 Uhr haben wir Gott sei Dank auch die Unterschrift des Zollchefs und machen uns auf dem Weg zum Zollhafen, der im Süden der 14 Millionenstadt, am Rande der Elendsviertel liegt. Nun heißt es sich nur nicht zu verfahren. Verfahren – gesagt, getan. Zum Glück steht am Straßenrand ein Polizeiauto. Die Polizisten weisen uns den Weg zum Container-Terminal von Exalgon, wo sich der Zollhafen befindet. Ignazius ,ein junger Mitarbeiter von Exalgon hilft uns bei der Abwicklung der Verlade- u. Zollpapiere. Kurz vor 18:00 Uhr steht unser VW-Bus im Container. Der Container wird verriegelt und vom Zollbeamten verplombt . Geschafft !!! Nun müssen wir ins Stadtzentrum zurück um uns für morgen Früh noch ein Ticket für die Überfahrt mit dem Schiff nach Montevideo-Uruguay zu besorgen. Wie kommen wir nun ins Stadtzentrum zurück? Es ist bereits dunkel geworden und die meisten Taxis von Buenos Aires lehnen es ab, nach Anbruch der Dunkelheit in diese unsichere Gegend zu fahren, in dem der Container-Hafen liegt. Ignazius ist es wieder der uns hilft. Er organisiert uns einen Fahrer der uns im Auto des Securityservice in einen sicheren Stadtteil bringt, wo wir dann problemlos in ein Taxi umsteigen. Wir kaufen uns die Schiffstickets und lassen uns in unser Hotel zurückbringen. Total erschlagen aber zufrieden fallen wir heute in unsere Hotelbetten. Am nächsten Morgen geht es mit dem Tragflächenboot über den Rio de la Plata nach Montevideo. Um uns diese Stadt anzuschauen haben wir eigentlich zwei Tage eingeplant. Aufgrund der Verzögerungen durch den argentinischen Zolls bleibt uns nun nur noch ein Tag. Zu Fuß erkunden wir die Innenstadt, aber ehrlich gesagt, keiner hat mehr so richtig Lust. Gedanklich haben wir beide mit den von uns besuchten Ländern Südamerikas abgeschlossen. Am Abend gehen wir ein letztes mal Asado-Essen und lassen das Erlebte und die vielen Menschen die wir die letzten sieben Monate kennenlernen durften, Revue passieren.

... Blick aus unserem Hotelzimmer in Montevideo

... Blick aus unserem Hotelzimmer in Montevideo

Pünktlich zu unserem Abflug regnet es in Strömen. Die brasilianische Fluggesellschaft TAM bringt uns zunächst nach Buenos Aires wo wir mit der Alitalia weiter nach Rom fliegen. Nach 14 Stunden Flugzeit landen wir aus dem südamerikanischen Winter kommend im europäischen Sommer. Jetzt wissen wir auch wo die Sonne die ganze Zeit war. Mit voller Power empfängt sie uns. Unsere Winterklamotten sind nun überflüssig. Noch mal zwei Stunden Flugzeit bis Frankfurt. Als wir über Südtirol fliegen und unser Blick nach unten über die Bergwelt schweift, denken wir an Sepp, den 72 Jährigen Globetrotter und Bergsteiger aus Österreich den wir unterwegs öfter mal trafen und der zu uns sagte „ wisst ihr, ich war schon auf vielen Bergen dieser Welt, aber die schönsten Berge sind die Alpen“. Wie wahr, die Alpen sind wirklich wunderschön…..

... Dolomiten von oben, wie wunderschön doch unsere Erde ist

... Dolomiten von oben, wie wunderschön doch unsere Erde ist

Die Maschine von Alitalia landet pünktlich in Frankfurt. Ein Empfangskomitee wartet bereits in der Ankunftshalle, davon wissen wir natürlich bis zu diesem Zeitpunkt noch nichts. Michaelas Eltern, Christian und Lydia, Michaelas Bruder mit Frau, sind seit 5:00 morgens unterwegs und wollen uns überraschen. Da sie nach einer Stunde nach Ankunft unseres Flugzeugs uns immer noch nicht zu Gesicht bekommen, werden sie langsam nervös. Was ist passiert? Unser Gepäck ist irgendwo zwischen Montevideo und Frankfurt hängen geblieben. Deshalb müssen wir erstmal bei Alitalia unseren Verlust melden. Da wir nicht die einzigen sind die ohne Gepäck angekommen sind, dauert dies eine geraume Zeit. Zum Glück gibt es das gute alte Handy noch. Nach Monaten schaltet Michaela zum ersten mal wieder ihr Handy ein und siehe da ein Meldung: „Wir warten in Halle B2“. Was für eine riskante und gelungene Überraschung. Mit Sekt, frischen Brezn und Bayerischem Bier werden wir empfangen .“ SCHEE DASS WIEDA DAHOAM SADS“ (Schön, dass ihr wieder zu Hause seid) steht auf einem Transparent. Schöner kann ein Empfang nicht sein. Wir sind überwältigt und die Tränen des Glücks fließen ungehemmt bei Michaela. Wir können einfach nur noch mal DANKE sagen.

... Sektempfang am Frankfurter Flughafen

... Sektempfang am Frankfurter Flughafen

Außer unseren beiden Familien möchten wir noch einmal allen danken die uns auf unserer Reise unterstützt haben und natürlich für Euer Interesse an unserem Reisetagebuch. Was wir momentan machen werden, wissen wir noch nicht so genau. Weiter reisen, sesshaft werden – keine Ahnung. Wir haben in den letzten beiden Jahren vieles gelernt, was wir ohne den Entschluß alles aufzugeben, nie erfahren hätten. Allen voran: Man plant, man hat eine Idee, eine Vision und das Leben lehrt einen: lebe das Leben, geniesse und lebe im Jetzt und im Hier, alles andere ist nicht in Deiner Hand.
Geld ist natürlich ein Faktor den auch wir nicht in unserer Welt und in unserer Zeit unterschätzen, denn auch wenn ein ausgefeilter Plan letztendlich nichts nützt, in unserer Zeit braucht man für alles Geld. Deshalb werden wir erstmal wieder arbeiten aber was, wo und wie das sehen wir dann. Wir versuchen in den nächsten Tagen erstmal geistig anzukommen und unsere Gedanken zu ordnen und Ideen zu finden, vielleicht auch wo und wie wir arbeiten können. Auf jeden Fall melden wir uns bei Euch wieder.
Ach ja unter der Rubrik „Menschen“ stellen wir Euch noch mal einige von vielen Menschen/ Freunden vor, die wir auf unseren beiden Reisen „Nordeuropa“ und „Südamerika“ kennengelernt haben. Und denkt an den irischen Spruch der auf der Anfangseite unserer Homepage steht

„ ES GIBT KEINE FREMDEN, NUR FREUNDE, DIE MAN NOCH NICHT KENNT“

Michaela und Raimund
Zum Abschluß nochmals unsere gesamte Reiseroute in Südamerika

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